Wirtschaftsrat 1. FC Union e.V.
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Der Wirtschaftsrat 1. FC Union e.V. hatte am 22. März 2022 zu seinem StadionGespräch An der Alten Försterei eingeladen - Wohin steuert der Profifußball?

  

„Herunter gewirtschaftet“ sei der Profifußball, so kommentierte es Philipp Köster im September 2021 in der Zeitschrift „11Freunde“. Der Fußball werde als gesellschaftlicher Taktgeber bald Geschichte sein. Denn insbesondere der „immer absurder anmutende Kampf des Geldes“ habe die Überzeugung großer Teile unserer Gesellschaft, dass es dem Fußball im Kern darum geht, den Menschen Freude zu bereiten, unwiederbringlich zerstört. Konkreter Anlass war seine Feststellung, dass der Profifußball nach der Corona-Pandemie so weiterzumachen scheint wie vor der Krise.

 

Schon im Jahre 2018 hatte der 1. FC Union Berlin in seinem Positionspapier
einen „Kurswechsel für den deutschen Profifußball“ gefordert, „der den Wettbewerb der Vereine in Deutschland fördert und die unterschiedlichen Positionen der verschiedenen Interessengruppen im Fußball wertschätzt und berücksichtigt“. Und immerhin hatte die Taskforce Zukunft Profifußball im Februar 2021 „auf der Basis eines gemeinsamen Wertefundamentes (...) Ansätze zu mehr gesellschaftlicher Verantwortung des Kulturguts Profifußball in Deutschland sowie zur Kostendisziplin und -transparenz auf nationaler und internationaler Ebene entwickelt“.

Ist der Fußball noch ein Spiegel der Gesellschaft und kann er Vorbild sein? Und wofür eigentlich? Wie kann der deutsche Fußball international konkurrenzfähig bleiben, ohne seine Wurzeln und Werte zu vergessen? Welche Möglichkeiten haben Traditionsvereine angesichts der unaufhaltsam erscheinenden Kommerzialisierung des Fußballs? Wer soll im Fußball das Sagen haben? Und was ist mit der 50+1-Regel?

Über dies und mehr diskutierten am 22. März 2022 Philipp Köster, Gründer, Geschäftsführer und Chefredakteur des Fußballmagazins „11 Freunde“, Zeljko Karajica,  Gesellschafter der SEH Sports & Entertainment Holding und seines Zeichens Investor der European Football League sowie bei mehreren Profi(e)sportclubs, Holger Keye, Mitglied des Wuhlesyndikats und im Aufsichtsrat der „An der Alten Försterei“ Stadionbetriebs AG, Robert Matiebel, Leiter des Sportressorts Bild Berlin/Brandenburg und Andreas Luthe, unser Stammtorhüter, der Mitglied des Spielerrates der Vereinigung der Vertragsfußballspieler, Gründer der Organisation „In safe hands e. V“ ist und der in der von der DFL ins Leben gerufenen „Taskforce Zukunft Profifußball“ die Sicht der Profispielerinnen und Spieler vertrat.

Durch den Abend in der Schlosserei mit über 100 angemeldeten Gästen aus dem Mitgliederkreis des Wirtschaftsrates 1. FC Union e.V. sowie mit zahlreichen Sponsoren und Partnern des 1. FC Union Berlin e.V. führten Dirk Fischer, der Vorsitzende des Wirtschaftsrates, und Holger Jakob, Mitglied des Wirtschaftsrates.

 

Eröffnen durfte die Podiumsdiskussion Zeljko Karajica, der klarmachte, wie wichtig eine erfolgreiche Jugendarbeit für ihn ist. Für Viktoria gehe es immer erst darum, dass die U19, U17 und U15 in den höchsten Spielklassen spiele bevor er sich die um die sportliche Qualität der 1. Mannschaft kümmere, wo man eventuell auch mal mit einem Dämpfer leben müsse.

 

 

Philipp Köster war pointiert wie man ihn kennt und erntete viel Applaus mit der These, dass die Anwesenden vermutlich immer noch ins Stadion kommen würden, wenn es wieder Zweitligafußball in Köpenick zu sehen gäbe und dass er es nach wie vor nicht verstehe, warum sich so viele andere Bundesligisten nicht verstärkt um die Fans im Stadion bemühen würden. Man habe doch besonders durch die Geisterspiele während der Corona-Krise feststellen können, wie wichtig die Stimmung im Stadion für das Erlebnis Fußball sei.

Zum Beweis der Identifikation vieler Fans mit dem Verein und deren Haltung zitierte er einen von der Erfolglosigkeit geplagten Kickers Offenbach Fan, der auf die Frage, warum er immer noch kommt schlicht sagte: „Ich habe das Gefühl, dass es wichtig ist, dass ich da bin.“ Schöner kann man Fansein nicht beschreiben.

 

Auf das Positionspapier des 1. FC Union Berlin e.V. von 2018 „Kurswechsel für den deutschen Profifußball“ mit seinen wichtigen Forderungen angesprochen äußerte Holger Keye, dass es große Überschneidungen mit den erst im Februar vom Wuhlesyndikat und anderen Ultravereinigungen veröffentlichten Papier gebe, das u.a. eine gerechtere Verteilung der Medienerlöse, den Erhalt der 50+1-Regel und ein Ende des Finanzdopings sowie Spielerkader- , Gehalts- und Transferobergrenzen als notwendige Reformmaßnahmen vorschlägt.

 

Andreas Luthe machte sehr deutlich wie positiv er die Arbeit der kurz nach Beginn der Pandemie Mitte 2020 gegründeten Taskforce „Zukunft Profifußball“ mit den Themen Finanzstabilität, Nachhaltigkeit und vor allem auch Förderung auch des Frauenfußballs fand. Der Fußball könne und dürfe es sich nicht mehr leisten, 50%%% der Bevölkerung mehr oder weniger auszuschließen bzw. zumindest nicht genauso mitzunehmen. Auf der anderen Seite bedauerte er es, dass es aktuell keine konkreten Forstsetzungsbestrebungen mehr gäbe.  

 

Neben vielen anderen Themen kontrovers diskutiert wurde die von der neuen DFL-Chefin Donata Hopfen ins Spiel gebrachte Diskussion um Play-offs zur Erhöhung der Spannung in der Liga. Für Robert Matiebel, der sich zuvor noch eindeutiger als Zeijko Karajica für die Abschaffung der 50+1-Regel ausgesprochen hatte, die auf dem Podium ansonsten ausschließlich Fürsprecher hatte, wäre die Einführung von Play-offs kein Problemlöser. Für ihn sei der DFB-Pokal eine Art Play-off Wettbewerb, wo sich jeder Verein „beweisen“ könne. Ausdrücklicher Fürsprecher von Play-offs war einzig Zeijko Karajica, der dabei insbesondere auf seine positiven Erfahrungswerte aus Österreich referenzierte.  

 

Nach einer abschließenden Fragerunde endete ein unterhaltsamer Abend wie nach einem Heimspiel überraschenderweise mit Worten von Christian Arbeit, der sich unter den Zuhörern befand, mit einem starken Plädoyer dafür, dass man durchaus auch die positiven Seiten des Profifußballs herausstellen könne, statt ihm immer nur eine „Krankheit“ zu attestieren. Es sei z.B. keineswegs so, als hätte der Profifußball in der Pandemie besondere Privilegien genossen, vielmehr hätten die Proficlubs und die DFL dafür gesorgt, dass gesellschaftliches Leben schneller wieder möglich wurde. Wer könnte dem widersprechen?

 

Wirtschaftsrat 1. FC Union Berlin

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Quelle: 33. StadionGespräch - Wohin steuert der Profifußball • (Stand: 21.11.2024 14:59)
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